Auf www.haarschafe.de wird unsere Herde von Haarschafen, die züchterischen Bemühungen und die Beweggründe diese Haarschafe zu halten, vorgestellt. Weiter unten lesen Sie die Wandlung von einer reinen Dorperherde, durch Verdrängungskreuzung mit britischstämmigen EasyCare und Exlana, zu einer leistungsorientierten Wirtschaftsherde zur Erzeugung frühreifer Schlachtlämmer, in ausschließlicher Weidehaltung ohne Mastfutter gabe.
Ergänzt wird die Seite mit Rubriken zu verschiedenen Haarschafrassen oder Haarschafzüchtungen, welche in Deutschland gehalten werden.
Unverblümt richtet sich der Fokus der Haarschaf-Zucht in Mittelhessen auf das Thema Leistung in Bezug auf Vollfleischigkeit, Gesundheit, Leichtlammigkeit und Abhaarung. Kriterien wie Fellfarbe oder ähnliches sind eher periphere Zuchtparameter. Neben der Dokumentation von Stammdaten, Gesundheitsstatus und Fellwechsel aller Muttertiere, werden auch mögliche Krankheitsresilienzen zu Scrapy (Traberkrankheit) und MaediVisna anhand der genetischen Veranlagung mittels Blutuntersuchungen bei Zuchttieren erfasst.
Die Protokollierung der Daten wie Abstammung oder Fruchtbarkeit der Haarschafe ist das klassische Werkzeug eines Züchters. Ohne präzise Dokumentierung wäre, die domestizierende Anpassung unserer Nutztiere an ihre durch Menschenhand geschaffenen Habitate wie ein Lotteriespiel, in dem es mal einen Glücksfall geben kann, bei dem durch Zufall ein Tier geboren wird, was ohne Zutun prächtig gedeiht, es gäbe aber eine Vielzahl von Tieren, bei welchen der Tierhalter nachhelfend tätig werden muss.
Eine dokumentierte Abstammungslinie von Zuchtschafen kann Hinweise auf Krankheitsanfälligkeit oder Neigung Wolle im Frühjahr nicht komplett abzuwerfen beinhalten. Wenn die Ahnen solche Probleme hatten, sind sie auch beim Nachwuchs wahrscheinlich. Eine enorme Beschleunigung der Zuchtarbeit bietet eine Gen-Analyse. Die Möglichkeit auf genetische Veranlagung zur Empfänglichkeit zu Krankheiten wie Scrapie und MaediVisna zu untersuchen wird bei meinen Haarschafen seit Ende 2021 bei allen Zuchttieren genutzt.
Die Ermittlung der Zunahmen der betriebseigenen Lämmer geschieht bewusst erst am Fleischerhaken und nicht durch Lebendwiegungen. Um den Tieren den Stress des mehrmaligen Verbringens zur Viehwaage zu ersparen, werden unsere gegebenen Betriebsstrukturen genutzt. Die Vollfleischigkeit und das Schlachtalter der erzeugten Haarschaflämmer lässt auch auf deren Geschwister direkte Rückschlüsse zu.
Nun ein Blick auf Deckböcke im aktuellen Einsatzzeitraum. Die Pro [+] und Kontra [-] Vermerke dienen als Veranschaulichung züchterischer Abwägungen. Das "Perfekte Schaf" für alle Situationen und Haltungen gibt es nicht und wird es auch nie geben, zum Glück wie ich meine, da ansonsten gar keinen züchterischer Anreiz mehr gegeben wäre, sich mit der Zucht von Haarschafen zu befassen.
Im Marburger Land, mitten in Hessen, bewirtschafte ich einen Bauernhof mit angeschlossender Direktvermarktung. Dazu gehört auch eine Schafherde
in artgerechter, ganzjähriger Weidehaltung. Unsere Schafe ernähren sich gesund, ausschließlich auf Grünland, von chemiefreien Wiesen und Weiden, deren Heu auch als Winterfutter verwendet wird. Sie
bekommen kein Kraftfutter, kein Mastfutter, keinen Getreidezusatz oder sonstige Wachstumsförderer. Die Philosophie dahinter ist, dass ich unser Grünland extensiv beweiden lasse und so mit
geringem Kostenaufwand an Endverbraucher direktvermarktbares Lammfleisch erzeuge, ohne den Einsatz von kostenintensivem Mastfutter.
Eine Weidehaltung, beziehungsweise die Fütterung nur mit Gras bringt unsere Schlachtlämmer dazu, ihr genetisch mögliches Wachstumspotential unter
Freilandbedingungen voll auszuschöpfen. Eine Beifütterung draußen oder eine Aufstallung der Lämmer mit Silagefütterung oder gar proteinreichem Kraftfutter, womöglich noch mit Soja aus
Übersee als Eiweißträger, bränge sie sicher auf ein höheres Schlachtgewicht, birgt jedoch auch die Gefahr einer Verfettung der Schlachtkörper und noch wichtiger für mich, die von den Genen
vorgegebene Futterverwertung bzw. der Muskelaufbau nur mit Grünfutter lässt sich für mich so besser beurteilen.
Erzeugte Schlachtlämmer und auch adulte Tiere vermarkte ich geschlachtet und zerlegt über unseren Hofladen und auf Wochenmärkten. Dies ermöglicht
einen stetigen züchterischen Fortschritt, da diese Herde einer kontinuierlichen Selektion unterliegt.
Vor der Hofübergabe, an mich, war Merino die einzige Schafrasse bei uns. Seit dem Jahr 2012 halte ich nur noch Haarschafe mit natürlichem Wechsel von Winter- und Sommerfell. Meine Herde basierte auf Dorper-Schafen mit Herdbuchabstammung. Eine Herdbuchzucht wurde angestrebt und es kamen nur reinrassige Böcke mit Pedigree zum Deckeinsatz. Jedoch beweide ich vorwiegend Wiesen mit weichen Lehmböden, auf denen sich die Dorperschafe ihre harten Klauen nicht stark genug abliefen. Das Resultat waren Fußprobleme mit häufigen Entzündungen und ich musste bis zu viermal jährlich die Klauen nachschneiden. Dies entsprach nicht meiner Vorstellung einer unkomplizierten und pflegeleichten Schafhaltung. Für Schafhalter ist die Zeitersparnis, die Kostenreduktion und der geringere Arbeitsaufwand bei Schafen mit natürlichem Fellwechsel, durch den Wegfall des Scherens, nur sinnvoll wenn, die freiwerdene Zeit nicht zur Behandlung anderer Problembereiche verwandt werden muss. Denn Veranlagung für Gerades und nicht zu festes Klauenhorn ist ausschlaggebend, um Tiere zu haben bei denen sich die Klauen auf natürliche Weise abnutzen.
Eher durch Zufall bekam ich zwei fuchsrote Nolana-Landschafe hinzu. Die Tiere entsprechen heute der Rasse Braunes Haarschaf und diese holten mir das Nolana-Projekt wieder in Erinnerung. Nolanas bekam ich im Zuge einer Weiterbildung in Echem im Jahr 2009 zu sehen. Diese waren jedoch wohl erst aus der F1- oder R1-Generation. Da sie zudem teils behornt waren, riefen diese bei mir damals keine wirkliche Begeisterung hervor. Doch meine beiden Nolana-Landschafe waren schon weiter: Kompletter Wollverlust und vor allem keine nennenswerten Überstände an den Klauenkanten, also auch keine Taschenbildung, die zu Fäulnis führen könnte. Allerdings waren sie vom Rahmen her um einiges größer als Dorper, dies empfinde ich bei Arbeiten an den Tieren und beim Schlachten als unhandlich. Außerdem ist bei großwüchsigen Tieren der Grundfutterbedarf höher als bei Kleinrahmigen, was sich negativ auf die Bilanz von erzeugtem Lammfleisch je Hektar Weidefläche auswirkt. Tendenziell waren Dorperlämmer nur mit Gras als Futtergrundlage recht vollfleischig. Um weiterhin muskulöse Lämmer mit nicht zu großem Rahmen zu erhalten und dennoch die Klauengesundheit zu fördern, kreuzte ich die Dorperschafe und deren Nachkommen mit Haarschafen anderer Rassen und seither sortiere ich Problemfälle rigoros aus.
Zunächst paarte ich mit Nolana-Fleischschaf-Böcken aus hervorragender Abstammung an, welche mittlerweile der Rasse Nolana entsprechen. Was mich bei diesen allerdings nicht überzeugte, ist die Ausrichtung vieler Zuchten auf hohe Lebendendgewichte, da ich hier nicht zwingend rasches Wachstum oder Muskelaufbau bei Lämmern gegeben sehe.
Als ein Blutwechsel anstand, bekam ich einen Jungbock der Züchtung Exlana, dessen Mutter gedeckt aus England importiert wurde. Exlanas überzeugen auch wegen der zusätzlichen Selektion auf Wurmresistenz. Mittlerweile verpaare ich die Exlana-Nachkommen Inter-SE und verwende auch Böcke aus eigener Herkunft, mit dem Ziel einen homogen gefestigten Bestand zu erlangen. Um künftigen Importbeschränkungen von den britischen Inseln zuvor zu kommen und weiterhin genetisch breitgefächert aufgestellt zu sein, nahm ich sieben Mutterlämmer der Rasse EasyCare Schafe aus zwei verschiedenen Herkünften hinzu. Hier fehlen mir jedoch noch langfristige Leistungsaufzeichnungen, welche ich über jedes meiner Schafe führe, um den Zuchtwert abwägen zu können. Frei nach dem Motto englischer Exlana-Züchter: Genetik statt Kosmetik.
Alex Müller im August 2020
In Deutschland anerkannte Schafrassen mit Kurzwolle oder natürlichem Fellwechsel:
Kamerun
Soayschaf
Dorperschaf
Wiltshire-Horn
Nolana
Braunes Haarschaf
weitere Haarschafzuchten mit natürlichem Fellwechsel in Europa:
Barbados Blackbelly (D)
Santa Inês - Schafe (als Rückzüchtung in Deutschland)
EasyCare (GB)
Exlana (GB)
Pelibuey-Schafe (Teneriffa)
Ruischaap (NL)
Hellweg Steinschaf (Heidelbergzement in D)
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